Große Hunde sind wunderbar. Dennoch sollte man sich vor der Anschaffung eines neuen Familienmitgliedes über einige Aspekte Gedanken machen, auch über mögliche Krankheitsrisiken, die eine große Hunderasse eventuell mit sich bringen kann.
In diesem Beitrag haben wir ein Großteil der Erkrankungen zusammengestellt, die uns bei unserer Arbeit als Tierärztinnen und -helferinnen in unseren Sprechstunden vorgestellt werden. Sicher gibt es noch weitere. Aber diese sind, wenn man das so sagen darf: die Klassiker.
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Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Leser:innen-Wunsch. Wir freuen uns sehr über derartige Wünsche und versuchen die Beiträge mit allen Infos voll zustopfen.
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Nicht so schnell…
Zunächst ist es wichtig, dass Welpen großer Hunde moderat und nicht zu schnell wachsen, um einer Entzündung der Knochenhaut (Panostitis) vorzubeugen. Diese verursacht nämlich Lahmheiten aufgrund von Knochenschmerzen. Die Hunde lahmen in diesem Fall immer mal wieder, wobei unterschiedliche Gliedmaßen betroffen sein können. Eine Diagnose wird mittels einer Röntgenuntersuchung gestellt. Um einer Panostitis vorzubeugen, ist es wichtig, dass Welpen großer Rassen nicht zu energie- und proteinreich gefüttert werden, außerdem sollte das Futter nicht zu kalziumreich sein und ein ausgewogenes Kalzium-Phosphor-Verhältnis haben. Dies ist besonders bei Hunden, die mit Frischfleisch (BARF) gefüttert werden sollen, zu beachten.
Da dreht sich der Magen um…
Hunde großer Rassen haben ein erhöhtes Risiko für eine Magendrehung, was eine lebensbedrohliche und sofort zu therapierende Situation darstellt. Bei einer Magendrehung handelt es sich um die Aufgasung und Drehung des Magens um die eigene Achse, wobei die Blutgefäße am Magenein- und ausgang abgeklemmt werden, was zu einer massiven Beeinträchtigung des Kreislaufes führt. Betroffene Tiere zeigen unproduktives Erbrechen, Unruhe, Speicheln, der Magen gast auf. Dies wird in Form eines Trommelbauches v.a. auf der rechten Seite sichtbar. Die Symptome entwickeln sich sehr schnell, wobei sich das Allgemeinbefinden dramatisch verschlechtert. Zeigt Ihr Hund derartige Symptome heisst es sofort ab zum Tierarzt oder in den Notdienst. Bitte rufen Sie auf dem Wege in der entsprechenden Praxis an, damit sich der Tierarzt darauf vorbereiten kann bzw. wenn er das Tier in seiner Praxis nicht versorgen kann, sie direkt an die richtige Stelle schickt. Dies kann nicht warten. Eine Magendrehung ist oft nur operativ zu behandeln. Die Prognose ist vorsichtig, v.a. die ersten Stunden nach der Operation müssen intensiv überwacht und der Kreislauf mittels Infusionstherapie stabilisiert werden. Aufgrund der Mangeldurchblutung des Gewebes können aber auch weitere Komplikationen wie Herzarrhythmien, Gewebeschäden in der Magenwand, Milzschäden, Vergiftungen oder Schock auftreten. Auch wenn wir in der Praxis eine Magendrehung operieren. schicken wir Sie warscheinlich für die Intensivüberwachung post OP in eine der Kliniken
Groß sein ist ein Knochenjob…
Vor allem Hunde großer Rassen zeigen mit zunehmendem Alter immer wieder Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates. Dazu zählen Arthrosen, Spondylosen (Verwachsungen an den Wirbelkörpern), aber auch das Cauda-equina-Syndrom (Kompression der Spinalnerven im Bereich der Lendenwirbelsäule / Kreuzbein). Das Cauda – equina – Syndrom führt zu akuten oder chronischen Schmerzen im Bereich des hinteren Rückens. In diesem Zusammenhang kann es auch zu mehr oder weniger starken Lahmheiten und / oder Lähmungserscheinungen kommen. Mit zunehmendem Alter kann es zu Harn- und Kotinkontinenz kommen.
Wenn der Kopf nicht in die Pfanne passt
Bei der Hüftgelenksdysplasie (HD) handelt es sich um eine angeborene Gelenkserkrankung, bei der der Oberschenkelkopf nicht in die Hüftgelenkspfanne passt. Die Hüftgelenksdysplasie führt durch Schmerzen in den Gelenken zu zunehmender Bewegungseinschränkung, es kommt zu Schwierigkeiten beim Hinlegen und Aufstehen, bei schnellen Bewegungsabläufen zeigen die Hunde einen hüpfenden Gang. Therapeutisch können wir bei der HD mit Schmerzmitteln und Akupunktur in gewissem Masse helfen, die Lebensqualität der betroffenen Hunde zu erhöhen. Vor allem durch Physiotherapie können positive Effekte erzielt werden. Bei junden Hunden (16. Lebenswoche) ist es möglich, eine Symphysiodese durchzuführen, was ein sicheres und wenig belastendes Operationsverfahren zur frühen Therapie der Hüftgelenksdysplasie darstellt. Dabei wird die Entwicklung des Beckens derart verändert, dass die Gelenkspfannen nach außen über die Köpfe der Hüftknochen kippen und somit eine bestehende Dysplasie im Idealfall zur kompletten HD-Freiheit gemindert werden kann. Bei schwer betroffenen älteren Hunden kann eine Totalendoprotese vorgenommen werden, bei der der Oberschenkelkopf durch eine metallisches Implantat erstetzt wird.
Wenn der Ellenbogen nicht eingesetzt werden kann
Die Ellenbogengelenksdysplasie (ED) ist ein ebenfalls erblicher chronisch verlaufender Krankheitskomplex schnell wachsender Rassen. Es kann schon sehr früh in der Entwicklung (ab dem 5. Lebensmonat) zu Lahmheiten und arthrotisch bedingten Veränderungen kommen. Damit ist es wichtig, wiederkehrende Lahmheiten der Vordergliedmaße auch schon in diesem Alter orthopädisch abklären zu lassen, da die therapeutischen Maßnahmen begrenzt und die Prognose um so schlechter, je weiter die Erkrankung fortgeschritten ist.
Ein häufiger Tumor grosser Hunderassen
Das Osteosarkom ist der häufigste Knochentumor, der v.a. bei großwüchsigen Hunderassen auftritt. Es handelt sich um einen sehr bösartigen und hochgradig schmerzhaften Tumor mit hoher Metastasierungsrate, der als nicht heilbar gilt. Die Überlebenszeit betroffener Hunde kann aber mit einer Therapie aus Operation (meist Amputation der betroffenen Gliedmasse), Chemotherapie und Schmerztherapie verlängert und die Lebenqualität verbessert werden. Mittels eines Röntgenbildes kann man oft recht früh Veränderungen sehen.
Wenn nicht nur die Stimme versagt
Bei der Larynxparalyse werden die Atemwege durch gelähmte Stimmfalten eingeengt, was von einer leichten Beeinträchtigung und röchelnden Atemgeräuschen bis hin zu Extremfällen mit lebensbedrohlicher Atemnot führen kann. Geringe Symptome verschlechtern sich häufig im Laufe der Zeit und werden stärker. Ältere Tiere großer Rassen und Hunde mit Übergewicht sind häufiger betroffen. Eine Larynxparalyse wird mittels einer Endoskopie in Narkose diagnostiziert und anschließend chirurgisch therapiert, wobei die gelähmten Kehlkopfanteile nach außen gezogen und somit die Atemwege geweitet werden. Hunde mit Kehlkopflähmung neigen sowohl vor und nach der Operation sich zu verschlucken, so dass diese nur unter Aufsicht gefüttert werden sollten.
Eine Herzensangelegenheit
Hunde großer Rassen zeigen leider nicht selten v.a. im Alter eine dilatative Kardiomyopathie (DCM). Hierbei handelt es sich um eine erworbene Herzmuskelerkrankung handelt, bei der der Herzmuskel nicht mehr ausreichend pumpen und den Körper somit nicht ausreichend mit Blut versorgen kann. Im Verlauf der Erkrankung vergrößert sich das Herz, was die Pumpleistung weiter herabsetzt. Im Spätstadium kommt es zu Symptomen wie Husten, Atemnot, Leistungsschwäche und Ohnmachtsanfällen. Die DCM wird mit Hilfe eines Herzultraschalls diagnostiziert und dann, je nach Schweregrad, medikamentell ganz gut eingestellt werden.
Sie sehen, es gibt verschiedene Krankheitsrisiken, die bei der Überlegung der Anschaffung eines Hundes einer großen Rasse anzuschaffen, mit bedacht werden sollten. Sehen Sie sich darum bitte v.a. allem die Elterntiere gut an und fragen Sie den Züchtern danach, ob er diese auf die entsprechenden Krankheiten hat untersuchen lassen. Gute Züchter zeigen Ihnen gern bereitwillig derartige Unterlagen und Nachweise.
Große Rasse bedeutet auch großes Gewicht, was hohe Medikamenten- und Futterkosten automatisch mit sich bringen.
Trotz allem: große Hunde sind wunderbar und großartige Begleiter und Freunde in unserem Leben ❤️
Titelfoto von jorien Stel